Veranstaltungen

Eine Veranstaltung ist ein zeitlich begrenztes und geplantes Ereignis, an dem eine Gruppe von Menschen teilnimmt. Dieses Ereignis hat ein definiertes Ziel und eine Programmfolge mit thematischer, inhaltlicher Bindung oder Zweckbestimmung.
MEDICA 2023Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren nahezu alle Lebensbereiche erfasst. Das Gesundheitswesen bildet hierbei keine Ausnahme. Bereits Mitte der 80er Jahre, als die Geschichte der Health-IT Fahrt aufnahm, hat die international führende Medizinmesse MEDICA in Düsseldorf das Thema mit ihrem Programm intensiv begleitet. Den Anfang bildeten Angebote in Bezug auf Hard- und Software für die so genannte „Praxis-EDV“. Mit der seinerzeitigen Sonderschau, der „MEDICA Medienstraße“, wurden der Ärzteschaft die Vorteile des IT-Einsatzes aufgezeigt. Derzeit und erst recht getrieben durch die Phase der Corona-Pandemie hat das Tempo der Digitalisierung noch einmal merklich angezogen. Künstliche Intelligenz (KI), Telemedizin, Wearables, elektronische Patientenakten oder Big Data sind nur einige Schlagworte, die die Gesundheitswirtschaft umtreiben. Und unverändert ist die MEDICA mit mittlerweile mehr als 5.000 beteiligten Unternehmen in diesem Jahr wieder die länderübergreifende Plattform, um aufzeigen, inwieweit dadurch die medizinische Versorgung zeitgemäß ausgestaltet werden kann (Messelaufzeit: 13. – 16 November 2023).

Dabei wird das MEDICA HEALTH IT FORUM in Halle 12 (als heutiger Programmnachfolger der einstigen „MEDICA Medienstraße“) mit seiner vielfältigen Agenda und absoluten Top-Speakern beleuchten, welche Chancen in der Adaption allgemeiner Trends wie die zunehmende Nutzung des KI-Tools `ChatGPT´ oder die rege Kommunikation via Social Media für den Medizinbereich stecken.

PD Dr. Jeanette Miriam Lorenz wird als Abteilungsleiterin „Quantum-enhanced AI“ am Fraunhofer IKS mit eben diesem Thema in die Eröffnungssession des Forums starten (Montag, 13. November, 12 – 13 Uhr). Dabei hat Quantencomputing das Potenzial, zahlreiche Branchen massiv zu verändern. Aktuell ist aber noch viel Forschung nötig, bis es in der Breite angewendet werden kann.

Arzt-„Sprech“ in Einfach – formuliert von ChatGPT
KI liefert auch ohne die massive Rechenleistung des Quantencomputing bereits jetzt Beiträge zur Gesundheitsversorgung. So setzt der Chatbot `ChatGPT´ KI ein, um passende Texte als Antwort auf möglichst präzise formulierte Anfragen zu erstellen. Viele sehen großes Potenzial darin, warnen aber auch vor zu schneller Einführung und unkritischer Nutzung – wie ist nun der Stand in Bezug auf den Medizinbereich? Prof. Michael Forsting, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie der Universitätsmedizin Essen, diskutiert darüber (am 14. November) im Rahmen eines Expert Panels. Er glaubt: „Auf absehbare Zeit ist dies nicht disruptiv.“ Dennoch: „Der Computer schreibt Dinge, über die wir verwundert sind. Er scheint mehr zu sein als bloße Rechenmaschine. Das hat auch Auswirkungen auf die Medizin.“

Forsting nennt das Beispiel einer einfacheren Sprache in Arztbriefen. Ärztinnen und Ärzte nutzten normalerweise eine Terminologie, die für sie untereinander gut verständlich, eindeutig und gut für die Expertenkommunikation sei. Aber für Patientinnen und Patienten? „Wenn man die Basisinformationen in einfacherer Sprache weitergeben will, dann kann man dies mit ChatGPT schnell hinkriegen, ohne dass das viel Mehrarbeit bedeutet“, betont Prof. Forsting. So ähnlich sei dies auch beim fachlichen Verfassen von Befunden. ChatGPT sei in der Lage, einem Bericht Struktur zu geben und dies in eine einfachere, prägnantere Sprache zu übersetzen. Das Produkt könne man vermutlich sogar in Datenbanken einpflegen. Allerdings würde gerade ChatGPT nicht immer bei der Wahrheit bleiben. Das liege nach Einschätzung von Forsting unter anderem an der Datengrundlage: „Wenn Sie den Algorithmus aber isoliert mit medizinischen Texten füttern, dann wird die KI dramatisch besser.“ Die Qualität der Antworten könnte also stark gesteigert werden, hätte ChatGPT Zugriff direkt auf Datenbanken. Diese Digitalisierung würde zwar die Ärzteschaft nicht ersetzen, aber die Arbeit doch erleichtern, zum Beispiel in Bezug auf das Arztbriefschreiben aus elektronischen Patientenakten, so Forsting. Er fasst es wie folgt zusammen: „Es geht darum, den absehbaren Arztmangel irgendwie zu kompensieren.“ Aber die Bewertung „disruptiv“ lasse sich erst im historischen Rückblick treffen.

Kleidung als Datenlieferant und KI beschleunigen Diagnostik
Daten lassen sich auch mithilfe smarter Textilien gewinnen. So haben internationale Forschungsgruppen unter der Leitung von Prof. Aldo Faisal, Lehrstuhlinhaberin für Digital Health an der Uni Bayreuth, auf der Basis von am Körper getragenen Sensoren (Wearables) und KI ein neuartiges Instrumentarium für die Diagnostik und Überwachung neurologischer Erkrankungen entwickelt. „Wir detektieren kleinste Veränderungen im alltäglichen Leben und werten sie aus“, erklärt Prof. Faisal. Erprobt wurde dies an der Friedreich-Ataxie und der Duchenne-Muskeldystrophie. Mit herkömmlichen Methoden könne die Diagnostik laut Faisal zweieinhalb bis drei Jahre dauern, mit der KI rund neun Monate. Diese Form der Auswertung lasse zudem Rückschlüsse auf das Wirksamwerden von schädlichen Genen zu. „Wir können mit unseren digitalen Biomarkern Genetik betreiben“, so Faisal und ergänzt: „Nach Beginn einer Therapie können unsere Biomarker dabei helfen, deren Wirksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls nötige Anpassungen vorzunehmen.“ Das könnten nicht nur Patientinnen und Patienten nutzen, sondern auch die Entwicklung von neuen Arzneimitteln beschleunigen.

Der Algorithmus soll auf viele Erkrankungen anwendbar sein. Erprobt wird er beim Schlaganfall. „Wir können hiermit am Krankenbett das Risiko für einen zweiten Schlaganfall bestimmen“, meint Faisal im Vorgriff auf ihren Auftritt beim MEDICA HEALTH IT FORUM (am Dienstag, 14. November). Dabei sei lediglich eine Beobachtungszeit von rund anderthalb Stunden notwendig. Die KI werde lediglich mit Daten aus alltäglichen Bewegungen gefüttert – eben nicht mit speziellen. „Sie brauchen eine KI, die aus diesen Bewegungen die kritischen heraussuchen kann“, umreißt Faisal die Anforderung.

Wie sicher ist die KI?
Eine zentrale Frage bleibt insbesondere die der Sicherheit einer KI. Damit beschäftigt sich Dr. Narges Ahmidi, Leiterin der Abteilung „Reasoned AI Decisions“ am Fraunhofer IKS. Dr. Ahmidi ist Moderatorin der Forum-Session zum Thema „Safe AI“ (am Mittwochmittag, 15. November). Für sie ist die Rollenverteilung klar: „Ärzte sind Ärzte. Sie sind keine Ingenieure der Qualitätskontrolle oder ähnliches.“ Eine KI sollte auf Herz und Nieren getestet sein, bevor sie an Patientinnen und Patienten angewendet werde. Klar sei dabei, dass es auf gute Daten ankomme und diese zu sammeln, sei nicht immer einfach. Abhängig von der Häufigkeit einer Krankheit würden unterschiedlich viele Daten benötigt. Bei seltenen Erkrankungen würden daher zunehmend Algorithmen genutzt, die mit wenig Daten auskämen. „Wir haben viele Lösungen, aber wir müssen sie zu den Patienten bringen“, so Ahmidi und sie betont, dass Ärztinnen und Ärzte den angebotenen Lösungen nicht bedingungslos vertrauen sollten. Es gebe Institute, die KIs prüften, bevor sie in Patientenkontakt kämen. „Wir sind hier, um zu helfen“, meint Ahmidi. Für sie sei eine gute KI eine, der man vertrauen könne und die nicht mit unerwarteten Antworten überrasche. „Denn überraschendes Verhalten im Kontakt mit Patienten ist schädlich“, hebt Ahmidi hervor.

Bart de Witte und der „Anti-Gutenberg-Moment“ medizinischer KI
Für einen gesellschaftlichen Ansatz steht Bart de Witte als einer der weltweiten Top-Spezialisten für KI und digitale Transformation im Gesundheitsbereich. Sein Auftritt in der Session zu „Safe AI“ unterstreicht ebenfalls, wie hochkarätig das Forum einmal mehr besetzt ist und dürfte mit besonderer Spannung erwartet werden. Denn de Witte argumentiert, dass die Gesundheitsbranche vor einem „Anti-Gutenberg-Moment“ stehen könnte, wenn die medizinische KI nicht „demokratisiert“ werde. Dieses Szenario drohe, sollte beispielsweise ein einziges Unternehmen den Großteil medizinischer Informationen der Welt in digitaler Form besitzen. Bart de Witte widmet sich deshalb dem Aufbau einer Open-Source-Community und Initiative für KI im Gesundheitswesen. Er ist ein Gründer der „Hippo AI Foundation“, die mit einer offenen Wissenschaft das kollektive Fachwissen und die Kreativität der weltweiten wissenschaftlichen Gemeinschaft nutzen will, um innovative, zugängliche, gerechte und wirksame Lösungen zu entwickeln.

Gesundheitsvideos, die wirklich helfen
Einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind Social-Media-Plattformen. Doch sollten sie kritisch betrachtet werden als Informationsquellen für Gesundheitsthemen. Denn nicht immer werden Patientinnen und Patienten durch YouTube & Co. auf die richtigen Pfade gelenkt – und Ärztinnen sowie Ärzte müssen dann aufwändig Fehlinformationen richtigstellen. Kurz: Diese Entwicklung muss aufgegriffen und diskutiert werden. Das geschieht in der Forum-Session „TikTok, Insta, YouTube & Co. - Engaging, Learning and Networking on Social Media Platforms“ (am 14. November, ab 14 Uhr).

Wie beispielsweise YouTube genutzt werden kann zur Verbreitung von richtigen Informationen, wird Prof. Christian Sina vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein vorstellen. Denn er selbst geht diesen Weg als „YouTuber“, wobei er sich nicht als Influencer sieht. YouTube sei schlicht bedeutsam, auch bei der Suche von Usern nach Gesundheitsinformationen. Und mit `YouTube Health´ könnten sich neue Perspektiven eröffnen. Dieses spezielle Angebot von YouTube wird mit einer eine Reihe von Gesundheitsfeatures auch in Deutschland eingeführt. Infobereiche mit Kontext zur Quelle der Gesundheitsinformationen sollen dabei helfen, Videos verlässlichen Ursprungs zu erkennen. Außerdem werden Videos aus diesen Quellen in den Suchergebnissen im Bereich mit gesundheitsbezogenen Inhalten hervorgehoben, wenn User nach Gesundheitsthemen suchen. Diese Kontextinformationen sollen es erleichtern, Gesundheitsinformationen im Internet zu finden und einzuschätzen. Um zuverlässige Quellen zu finden, werden die von der National Academy of Medicine (NAM) entwickelten und von der Weltgesundheitsorganisation validierten Kriterien angewendet.

Prof. Sina glaubt, dass dies ein Schritt in die richtige Richtung nicht nur für YouTube sei. „Die Entscheidung, ob jemand eine Vorsorgeuntersuchung macht oder nicht, wird Zuhause getroffen – auch unter Zuhilfenahme von YouTube“, sagt Prof. Sina und ist überzeugt, dass mit aussagekräftigen Videos im Vorfeld von Maßnahmen (z. B. einer Darmspiegelung) wichtige Aufklärungsarbeit geleistet werden könne. Dabei scheinen die Klickzahlen laut Studien kein valider Qualitätsindikator für gute medizinische Informationen zu sein. Welche Indikatoren und Metriken sich stattdessen besser eignen könnten, ist derzeit Gegenstand von Untersuchungen, die u.a. am Institut für Ernährungsmedizin, dem von Prof. Sina geleiteten Institut am UKSH in Lübeck, durchgeführt werden.

Alle Informationen zum MEDICA HEALTH IT FORUM 2023 sind online abrufbar unter: https://www.medica.de/mhif1.

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