Ihre Ergebnisse fasst ein HTA-Bericht zusammen (Health Technology Assessment, wissenschaftliche Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien), der kostenfrei beim DIMDI abrufbar ist. Dieselbe Forschungsgruppe hatte 2010 in einem vorausgehenden HTA-Bericht bereits gezeigt, dass auch die Diagnostik des Burnout-Syndroms nicht wissenschaftlichen Anforderungen entspricht.
Die Autoren merken kritisch an, dass eine eindeutige Definition des Krankheitsbildes fehlt, was die Möglichkeiten zur Bewertung der Therapie von vorneherein einschränkt. Burnout sollte differenziert betrachten werden, wie es auch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in ihrem Positionspapier vom 7. März 2012 vertritt: Zu beachten ist das Zusammenspiel dynamischer Zusammenhänge arbeitsplatzbezogener und individueller Auslöser mit eventuell bereits bestehenden Krankheiten.
Vor allem Verhaltenstherapien
Für ihren HTA Bericht identifizierten die Autoren in einer systematischen Literaturrecherche 17 Studien. Dabei wurden gängige psychologische und medikamentöse Therapien eingeschlossen, aber auch andere Formen, z.B. Behandlungen mit pflanzlichen Substanzen. Auf dieser Basis verfolgt der Bericht folgende Kernfragen:
- Wie wird ein Burnout-Syndrom therapiert?
- Wie ist der Erfolg der eingesetzten Therapie zu bewerten?
Burnout wird häufig mit kognitiven Therapieverfahren behandelt. Dabei stehen therapeutisch die Gedanken, Einstellungen und Überzeugungen der Patienten im Vordergrund. Gleich in mehreren Studien als wirksam erweist sich zum Beispiel die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), die Patienten unter anderem zu einer positiveren Einstellung bewegen soll. Sie reduziert in der Mehrheit der Studien den Grad der emotionalen Erschöpfung, das Leitsymptom des Burnout-Syndroms. Analysen zum ebenfalls kognitiven Stressimpfungstraining führen zu gegensätzlichen Ergebnissen, sodass keine einheitliche Wirkungsweise festgestellt werden kann.
Weitere Ergebnisse des Berichts
Bei der medikamentösen Therapie bedingen Diagnose und weitere Krankheitsbilder stark die Auswahl der eingesetzten Psychopharmaka. Die vorliegenden Studien geben keine Auskunft über die Wirkung der verordneten Medikamente. Sie verdeutlichen jedoch den überdurchschnittlich häufigen Gebrauch von Antidepressiva. Den Einsatz von Antidepressiva und Beruhigungsmitteln in diesem Umfang bewerten die Autoren kritisch. Eine medikamentöse Behandlung des Burnouts mit Antidepressiva könne aber durchaus angebracht sein, wenn Burnout im Zusammenhang mit einer Depression oder Angststörung auftritt.
Eine Wirksamkeit von pflanzlichen Substanzen finden die Autoren des Berichts zumindest in einer Studie für Rosenwurz. Darin wirkt es sich günstig auf die Aufmerksamkeit, die Lebensqualität sowie auf Erschöpfungs- und Depressionssymptome aus.
Zu weiteren alternativen Behandlungen ist die Studienlage weniger klar: Kunsttherapie beschränkt sich auf den musiktherapeutischen Ansatz, andere Kunstformen sind kaum bedeutsam. Aufgrund unterschiedlicher Studienergebnisse können die Autoren jedoch die Wirkung nicht abschließend beurteilen. Zur Qigong-Therapie konnte keine der eingeschlossenen Studien eine Wirkung eindeutig nachweisen, für die progressive Muskelentspannung fehlen Studien zum Wirksamkeitsnachweis völlig.
Erfolge bei der Burnout-Reduktion bescheinigt der Bericht dagegen Veränderungen am Arbeitsplatz wie verminderte Arbeitsbelastung, vergrößerte Entscheidungsspielräume oder verbessertes Arbeitsklima. Kombiniert mit KVT führe dies nachweislich zu einer schnelleren Rückkehr in den Beruf.
Eingeschränkte Vergleichbarkeit
Für die Ergebnisse des Berichts gelten einige Einschränkungen, so die Autoren. Interventionsinhalte, -dauer, Design und Untersuchungsgruppen der Studien unterschieden sich sehr, was keinen direkten Studienvergleich zulasse. Die Stichproben seien überwiegend klein, auch fehlten langfristige Nachbeobachtungen. Mehrere Studien besäßen zudem einen hohen Frauenanteil, ohne die Übertragbarkeit auf Männer zu kontrollieren. Sehr kritisch sehen die Autoren, dass die meisten Studien zur Feststellung des Burnout-Syndroms das Maslach Burnout Inventory verwenden. Die klinische Wirksamkeit dieses Instruments ist nicht bewiesen. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen reiche ihnen daher lediglich für die KVT die Zahl der Studien für einen Wirksamkeitsnachweis. Für andere Therapieformen lägen für eine abschließende Bewertung zu wenig qualitativ anspruchsvolle Studien vor.
Fazit der Autoren
Weder die Diagnostik noch die Therapie des Burnout-Syndroms beurteilen die Autoren des HTA-Berichts als ideal. Sie bezweifeln stark, dass Burnout-Betroffene heute angemessen behandelt werden. Es bestünde momentan ein erhebliches Forschungsdefizit. Insbesondere fehlten ausreichend groß und langfristig angelegte experimentelle Studien, die die einzelnen Therapien in ihrer Wirkung vergleichen und beurteilen.
Hintergrund: Burnout
Bis heute fehlt eine einheitliche Definition des Burnout-Begriffes. In Medizin und Wissenschaft gilt Burnout bislang als ein Beschwerdekomplex, der mit sich verändernden Lebens- und Arbeitsbedingungen in Zusammenhang gebracht wird. Er äußert sich unter anderem durch emotionale Erschöpfung, Selbstentfremdung oder Zynismus und eine verminderte Leistungsfähigkeit. Betroffene leiden im fortgeschrittenen Stadium dauerhaft an seelischen und körperlichen Beschwerden. Dieser Zustand ist hauptsächlich durch Erschöpfung gekennzeichnet. Begleitsymptome sind Unruhe, Anspannung, gesunkene Motivation und reduzierte Arbeitsleistung. Das Burnout-Syndrom entwickelt sich nach und nach. Es bleibt von den Betroffenen selbst oft lange unbemerkt.
Unter Burnout leiden die Erkrankten erheblich. Die Folgen sind über die gesundheitlichen Probleme hinaus beträchtlich - sowohl individuell als auch gesellschaftlich und volkswirtschaftlich. In den letzten Jahren haben die Verschreibung von Psychopharmaka und die Zahl von Arbeitsunfähigkeitstagen aufgrund psychischer Erkrankungen deutlich zugenommen. Ob psychische Störungen tatsächlich zugenommen haben oder ob sie nur häufiger erkannt werden, bedarf der weiteren epidemiologischen Forschung. In jedem Falle nehmen psychische Störungen und auch das Burnout-Syndrom, einen stetig wachsenden Anteil am Diagnosespektrum und am Krankheitsgeschehen in der Bevölkerung ein, so die Autoren des Berichts.
(Therapie des Burnout-Syndroms, Dr. Dieter Korczak, Dipl.-Psych. Monika Wastian, PD Dr. Michael Schneider)
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