Rund 120.000 Arztpraxen, 50.000 Zahnarztpraxen, 24.000 Psychotherapiepraxen und 2.000 Kliniken in Deutschland gilt es an die TI anzuschließen - eigentlich bis Ende dieses Jahres. Nach Expertenschätzungen haben bis dato jedoch nur knapp 6.000 Praxen die erforderlichen technischen Komponenten installiert. Der wesentliche Grund: Bislang - und dies auch erst seit Ende 2017 - gibt es nur je einen zugelassenen Anbieter für den TI-Konnektor, den VPN-Zugangsdienst, das stationäre e-Health-Kartenterminal und den Praxisausweis (SMC-B). Weitere Anbieter und potenzielle Wettbewerber, darunter auch DGN und medisign, befinden sich noch im Zulassungsprozess und können ihre Komponenten frühestens ab dem zweiten Quartal dieses Jahres anbieten. Angesichts des mangelnden Wettbewerbs empfehlen viele Standesorganisationen den Praxen bislang, mit der Anbindung an die TI erst einmal abzuwarten.
Das Dilemma: Je später sich Praxen an die TI anbinden, desto geringer fallen die Erstattungsbeiträge aus, die der GKV-Spitzenverband und die KBV bzw. KZBV in ihren Finanzierungsvereinbarungen, jeweils zum 1. Juli 2017 in Kraft getreten, festgelegt hatten. Die höchsten Pauschalen hätte es im dritten Quartal 2017 gegeben, doch keine einzige Praxis kam in den Genuss, weil es noch gar keine zugelassenen Komponenten gab. Bleibt es bei den vorgesehenen Pauschalen, werden diese spätestens im dritten Quartal 2018 nicht mehr ausreichen, um die Kosten zu decken, die den Praxen bei der TI-Anbindung entstehen.
Dies entspricht jedoch nicht den Vorgaben des am 1.1.2016 in Kraft getretenen E-Health-Gesetzes, nach denen die Krankenkassen verpflichtet sind, die Kosten für die TI-Erstausstattung der Praxen und den laufenden Betrieb der TI-Anbindung in voller Höhe zu übernehmen. Auch mit der Finanzierungsvereinbarung zwischen KBV und GKV-Spitzenverband ist die Vergütung im dritten Quartal 2018 nicht vereinbar: „Wenn sich neue Erkenntnisse über die Entwicklung der Marktpreise oder andere signifikante Veränderungen ergeben, nehmen die Vertragspartner umgehend Verhandlungen zur Anpassung dieser Vereinbarung auf.“ (§ 10, 2. Absatz)
So wird zum Beispiel der TI-Konnektor ab dem zweiten Quartal 2018 mit einmalig 1.910,00 Euro, ab dem dritten Quartal 2018 sogar nur noch mit einmalig 720,00 Euro finanziert. Zu diesem Preis wird allerdings überhaupt kein Konnektor, der die im E-Health-Gesetz geforderten Zukunftsanwendungen „elektronischer Medikationsplan“ und „Notfalldatenmanagement“ erfüllt, am Markt erhältlich sein. Beim DGN wird der Konnektor zum Beispiel 1.892,10 Euro* kosten. Den Großteil des Konnektor-Preises müsste eine Praxis im dritten Quartal 2018 folglich selbst aufbringen.
Die Marktpreise haben sich anders entwickelt als zum Zeitpunkt der Finanzierungsvereinbarung vorhergesehen. So ist zum Beispiel die feste Erstattungspauschale für das stationäre Kartenterminal in Höhe von 435,00 Euro überhaupt nicht kostendeckend: Im Rahmen des DGN TI Starterpakets wird das Kartenterminal Ingenico ORGA 6141 online mit 665,21 Euro* berechnet, während der alternativ erhältliche Tastaturkartenleser CHERRY G87-1505 mit 652,12 Euro* zu Buche schlägt.
Nach aktuellem Stand ist ein wettbewerbsorientierter Start der TI frühestens zum zweiten Quartal, eher noch zum dritten Quartal 2018 zu erwarten. Und selbst wenn dann alle Praxen sofort ihre TI-Anbindung beauftragen würden, wäre es unmöglich, die notwendigen Installationen in den Praxen innerhalb dieser Quartale durchzuführen. Denn die dafür erforderliche Anzahl an Dienstleistern vor Ort (DVO) stünde gar nicht zur Verfügung. Realistisch wäre ein Installationszeitraum bis mindestens zum Ende des zweiten Quartals 2019. Insofern wäre es nur gerecht, wenn bis zu diesem Zeitpunkt den Praxen auch dieselben Erstattungsbeiträge zur Verfügung stünden. Die für das zweite Quartal 2018 geltenden Pauschalen sollten also auch für die Quartale 3/18, 4/18, 1/19 und 2/19 gelten.
Wann nach der Beauftragung der TI-Komponenten die Installation vor Ort erfolgt, hängt zum einen von den Produktionskapazitäten der Konnektor- und Kartenterminal-Hersteller, zum anderen von den Kapazitäten der DVO ab. Da die Praxen darauf keinerlei Einfluss haben, wäre es aus DGN-Sicht wesentlich fairer, wenn sich die Höhe der Erstattungspauschalen nicht nach dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme, sondern nach dem Auftragsdatum richtet. Parallel dazu sollte die im E-Health-Gesetz festgeschriebene Frist für das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) verlängert werden: Die Honorarkürzung von einem Prozent sollte erst dann umgesetzt werden, wenn Praxen flächendeckend überhaupt in der Lage sind, sich an die TI anzubinden, frühestens ab dem dritten Quartal 2019.
* Preisangaben inkl. Mehrwertsteuer